Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Kollege Degen, ich bin schon etwas enttäuscht, dass Sie heute Morgen die Große Anfrage so holzschnittartig und so undifferenziert besprochen haben. Ich glaube, das ist doch unter Ihrem Niveau, und ich glaube, dass Sie das besser können. Ich werde Ihnen einmal an ein paar Punkten darstellen, dass Sie sich damit heute Morgen keinen Gefallen getan haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Dass man als Opposition mit Großen Anfragen die Regierung kontrolliert und damit auch eigene Informationen sammelt, ist wichtig, und es ist auch begrüßenswert, das zu tun. Dieses Parlament hat keinen wissenschaftlichen Dienst, daher ist es sehr wichtig für die Abgeordneten, sich auch über das Frageinstrument konzeptionell weiterzubringen und dabei die Regierung zu kontrollieren.
Ich finde aber, wenn man schon Große Anfragen stellt und ausführliche Antworten erhält, in denen viel Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steckt, dann müsste man sich auch die Mühe machen, das in Gänze zu rezitieren, statt nur Ausschnitte zum Besten zu geben. Da habe ich meine Kritik an Ihren Einlassungen. Ich glaube, dass Sie an einigen Stellen bewusst Dinge weggelassen haben. Ich habe es Ihnen eben schon dazwischengerufen: Wenn Sie hier tatsächlich den Schülerfaktor in der Oberstufe als Kritikpunkt aufmachen und dann auf die Zahlen von 1998 zurückgehen, dabei aber verschweigen, dass damals nur 80 % zugewiesen wurden – ich kann mich erinnern, ich war damals in der Schülervertretung und habe mich sehr darüber geärgert, gegen eine rot-grüne Landesregierung Opposition machen zu müssen, aber so war es doch –, kann man das doch nicht als Beispiel dafür anführen, dass früher alles besser gewesen sei. Da wird man so einer Antwort nicht gerecht, lieber Herr Kollege Degen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Christoph Degen (SPD))
Ich finde es gerechtfertigt, sich über die steigenden Anforderungen von Lehrerinnen und Lehrern auszutauschen. Sie haben fairerweise auch darauf hingewiesen, dass es unbestritten ist, dass auch die Landesregierung es so sieht und dass es vollkommen klar ist, dass sich die Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer – wie aber auch in allen Berufszweigen – ändern. Es wäre bloß fair gewesen, wenn Sie nach dem Satz, den Sie zitiert haben – in dem die Änderungen im Berufsbild dargestellt wurden –, auch den nächsten Satz mitgelesen hätten, nämlich zu Frage 2: Da jeweils mit adäquaten Fortbildungsangeboten und entsprechender Ressourcensteuerung reagiert wird, verlief diese Entwicklung, bezogen auf die Schule, in angepassten Schritten.
Was heißt das denn? Es ist eben gerade nicht so, dass das alles on top kommt. Es ist gerade nicht so, dass wir von den Lehrerinnen und Lehrern verlangen, dass das alles zusätzlich zu dem gemacht werden müsste, was sie sonst machen, sondern wir stellen zusätzliche Ressourcen zur Verfügung. Ich finde, das hätten Sie fairerweise auch mit erwähnen sollen. Sie haben verschwiegen bzw. sind nicht darauf eingegangen, dass wir auch im Bereich der Inklusion zusätzliche Stellen geschaffen haben. Das waren in dieser Wahlperiode bis zum Schuljahreswechsel rund 700 zusätzliche Stellen für den Bereich der Inklusion. Ich finde, das müssen Sie fairerweise dazusagen. Man kann nämlich nicht sagen, wir wollten zusätzliche Aufgaben von den Schulen und würden dafür keine Ressourcen zur Verfügung stellen – das Gegenteil ist richtig. Wir nehmen es sehr ernst, was uns aus den Schulen zurück gespiegelt wird, und stellen dafür zusätzliche Ressourcen zur Verfügung, beispielsweise für die Inklusion plus 700 Stellen.
Wir haben für die Schulen und ihre besonderen Aufgaben darüber hinaus zum nächsten Schuljahr plus 700 Stellen für Schulsozialarbeit an 1.000 Schulen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus haben wir uns vorgenommen, bis zum Ende der Wahlperiode noch einmal 300 Stellen zusätzlich für die Stellenzuweisungen nach Sozialindex zur Verfügung zu stellen. Wir haben bereits rund 1.700 Stellen zusätzlich für die Deutschförderung zur Verfügung gestellt. Wir haben rund 1.000 Stellen zusätzlich für den Ganztagsschulausbau in dieser Wahlperiode zur Verfügung gestellt. – Wenn Sie das alles einmal zusammen nehmen, dann wird doch sehr deutlich, dass wir es sehr ernst nehmen, was an zusätzlichen Aufgaben an den Schulen stattfindet. Wir reagieren darauf, und wir stellen zusätzliche Ressourcen dafür zur Verfügung.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Wir haben noch etwas Weiteres getan, nämlich die Wochenarbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer um eine Stunde gesenkt und dafür noch einmal 600 Stellen zur Verfügung gestellt. Das macht sich unmittelbar bei der Arbeitssituation einer jeden Lehrerin und eines jeden Lehrers bemerkbar. Ich finde, da kann man nicht davon sprechen, dass wir die zusätzlichen Herausforderungen nicht ernst nehmen würden, sondern wir nehmen unsere Lehrerinnen und Lehrer sehr ernst und haben damit eine wirksame Entlastung, für jeden ganz unmittelbar spürbar, geschaffen.
Es ist insgesamt festzustellen, wenn Sie sich die Schüler-Lehrer-Relation anschauen, dass wir dort in den letzten Jahren eine sehr gute Entwicklung genommen haben. Wenn Sie sich einmal die Mühe machen, beim Statistischen Landesamt anzufragen, wie sich die Schüler-Lehrer- Relation in den letzten Jahren verändert hat, dann bekommen
Sie folgende Daten: 1997: 50.667 Lehrerinnen und Lehrer bei 866.090 Schülerinnen und Schülern. 2017, also 20 Jahre später, lauten die Zahlen wie folgt: 59.884 Lehrerinnen und Lehrer bei 815.922 Schülerinnen und Schülern. Das heißt unterm Strich: 50.000 Schülerinnen und Schüler weniger im System als vor 20 Jahren, und dabei 9.000 Lehrinnen und Lehrer mehr. Ich finde, man muss bei einer solchen Debatte auch einmal zur Kenntnis nehmen, dass sich die Schüler-Lehrer-Relation derart deutlich verändert hat, dass wir 50.000 Schülerinnen und Schüler weniger haben, und dabei 9.000 Lehrerinnen und Lehrer mehr. Das müssen Sie an dieser Stelle einmal zur Kenntnis nehmen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Natürlich ist es Aufgabe von Opposition, sich Dinge herauszugreifen und Kritik an den Dingen zu üben, die besser laufen könnten. Aber das Problem an Ihrer Position ist, dass es so undifferenziert geschieht, Herr Kollege Degen –und zwar nicht nur im Bildungsbereich, sondern in allen Politikbereichen. Die Oppositionsstrategie Ihrer Fraktion reduziert sich mittlerweile darauf – das war am Anfang der Wahlperiode einmal anders –, einfach allen alles zu versprechen. Ich glaube, das ist kein politisches Konzept, lieber Herr Kollege Degen; denn wer allen alles verspricht, wird am Ende gar nichts halten können. Daher wirken Ihre Versprechungen eher wie ungedeckte Schecks als wie ein politisches Programm.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Es wird auch nicht dadurch besser, dass es immer entgrenzter wird. Wir haben als ersten Tagesordnungspunkt heute Morgen den Bericht des Datenschutzbeauftragten behandelt und uns lang und breit darüber unterhalten, dass wir das Kernland des Datenschutzes seien, Datenschutz so wichtig finden würden und dass er eine große Errungenschaft sei. Dann gibt es tatsächlich Fragen, auf die es in einer Großen Anfrage keine Antwort geben kann, nämlich zu Krankheiten. Dazu haben Sie noch gesagt, es gehe Ihnen gar nicht darum, zu wissen, was für Krankheiten vorlägen. – Das ist nicht zutreffend. Wenn Sie noch einmal Ihre Frage 47 nachlesen, werden Sie feststellen, dass das nicht der Fall ist.
Ich finde es aber einfach entgrenzt, wenn Sie den Eindruck erzeugen wollen, wir würden ignorieren, dass Lehrerinnen und Lehrer krank würden, oder das gerade in Kauf nehmen. Ich finde das einfach vollkommen entgrenzt und daneben.
(Christoph Degen (SPD): Nennen Sie doch die Zahlen!)
Sie können sich sicher sein, dass die Mitglieder der Regierung bzw. alle Mitglieder dieser Koalition eine hohe Wertschätzung für unsere Lehrerinnen und Lehrer haben und dass wir sie insofern sehr wertschätzen, dass wir auch eine gewisse Fürsorgepflicht empfinden. Das haben Sie nicht allein, sondern diese Fürsorge und Wertschätzung gegenüber allen Lehrerinnen und Lehrern gibt es auch bei CDU und GRÜNEN, da können Sie sich sicher sein.
(Christoph Degen (SPD): Nennen Sie doch die Zahlen!)
Deswegen bitte ich Sie sehr herzlich darum, nicht mehr solche Bilder zu stellen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Es gäbe noch einiges klarzustellen, was die Deputatstunden angeht. Auch da sollten Sie sich noch einmal die Hinweise ansehen, die die Antwort auf die Große Anfrage gibt, dass sie nämlich überhaupt nicht rückläufig sind. Zum Schluss noch ein Satz zum Thema Befristung: Wir geben 16 Millionen € jährlich dafür aus, dass Lehrerinnen und Lehrer eben nicht in den Sommerferien arbeitslos werden.
(Marjana Schott (DIE LINKE): Das ist aber gnädig!)
Wir investieren viele Ressourcen, um das Befristungswesen zu reduzieren. Ich weiß auch, dass es viele persönliche Schicksale sind und dass es sehr schwierig ist. Deswegen ist es auch unser Ziel, das Befristungswesen so weit wie möglich zu reduzieren.
(Marjana Schott (DIE LINKE): Das ist wirklich Gutsherrenart, wie Sie gerade reden!)
Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken: Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr May.
Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich komme zum Schluss. Vielen Dank für den Hinweis. – Es wird nie ganz ohne Befristungen ausgehen. Das ist einfach so. Deswegen muss es unser Ziel sein, das so weit wie möglich zu reduzieren.
(Marjana Schott (DIE LINKE): Wer bezahlt Sie eigentlich in den Sommerferien?) – Das war ein sehr hilfreicher Hinweis.
Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken: Herr May.
Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich komme zum Schluss. Vielen Dank, Herr Präsident. – Wir nehmen die Hinweise aus der Lehrerschaft sehr ernst, wir reagieren auf besondere Herausforderungen bei unseren Lehrerinnen und Lehrern und haben uns nicht zu verstecken, was die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen angeht. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)