Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen!
Digitalisierung an Schulen ist für uns kein Selbstzweck, sondern sie muss dazu dienen, Möglichkeiten zur
individuellen Förderung, Möglichkeiten für motivierende
Lern-Lehr-Settings zu schaffen. Andererseits muss sie
auch dazu dienen, einen verantwortungsvollen Medieneinsatz, vor allem mit den digitalen Medien, zu lernen. Digitale Medien können den Unterricht sehr sinnvoll bereichern,
wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Dies ist dann der
Fall, wenn die digitalen Medien Lehrkräfte unterstützen,
motivieren und eingängige Lern-Settings ermöglichen. Sie
können auch der Wiederholung dienen und Möglichkeiten
der eigenständigen Arbeit schaffen.
Aber klar ist auch – ich finde, wenn man auf zwei Jahre
Pandemie zurückschaut, muss man das auch sagen –: Die
Zeiten des Distanzunterrichts haben uns ganz deutlich gezeigt, wo die Grenzen von Digitalisierung sind, dass ein
guter Unterricht auch immer soziale Interaktion bedeutet,
dass der Unterricht in Präsenz ein Wert an sich ist und dass
Digitalisierung eine Ergänzung von sozialer Interaktion
und Präsenzunterricht ist, aber nicht das eine das andere ersetzt. Von daher kann Digitalisierung alle Phasen von Unterricht bereichern, aber sie kann keineswegs bewährte Unterrichtskonzepte in Präsenz und deren Inhalte ersetzen.
Es ist doch richtig: Die Pandemie hat uns nicht nur Grenzen von Digitalisierung aufgezeigt, sondern auch neue
Möglichkeiten entwickelt. In der Notwendigkeit, Distanzunterricht zu machen, wurde viel Neues entwickelt. Viele
Innovationen wurden von Lehrkräften, von Schulen erzeugt. Es wurde viel geschaffen, was auch nach der Pandemie oder zumindest im Präsenzunterricht einerseits entlastend für die Lehrerinnen und Lehrer sein kann, andererseits
anregend für die Schülerinnen und Schüler.
Unser Ansatz war, dass wir einerseits das, was wir vor der
Pandemie auf den Weg gebracht haben, weiterführen, aber
andererseits auch das, was in der Pandemie aus der Notwendigkeit, Neues zu schaffen, von den Lehrerinnen und
Lehrern entwickelt wurde, sichern und es in zukünftige
Konzepte überführen.
Daraus haben wir die Initiative für heute entwickelt, wo
darauf hingewiesen wird, dass wir das, was einzelne Lehrkräfte entwickelt haben, für alle Lehrkräfte zur Verfügung
stellen wollen, dass wir einen Materialpool haben, wo
Lehrkräfte einfach finden können, was für den Einsatz in
der jeweiligen Jahrgangsstufe und im jeweiligen Fach genutzt werden kann. Wir haben gesagt: Schulen haben sich
auf den Weg gemacht, haben neue Konzepte entwickelt.
Deswegen haben wir die Zentren für digitale Unterrichtspraxis auf den Weg gebracht. Das alles sind Lehren aus der
Pandemie, und diese Lehren, diese Konzepte stellen wir
heute zur Debatte. Es ist schade, dass so wenig darauf eingegangen wurde.
Eine ganz wichtige Botschaft des heutigen Vormittags ist
bisher leider viel zu wenig von der Opposition wahrgenommen worden: dass wir Digitalisierung mit der großen
Herausforderung der Bildungspolitik unserer Zeit zusammen denken. Denn für uns ist Bildungspolitik auch immer
das Schaffen von Chancengerechtigkeit. Die großen Studien der Vergangenheit haben gezeigt, dass unser Bildungssystem die Schülerinnen und Schüler aus prekären Verhältnissen nicht gut genug fördern konnte. Kurzum, die Herkunft der Schülerinnen und Schüler und ihr Bildungserfolg
waren in unguter Weise verknüpft.
Deswegen hat die Koalition aus CDU und GRÜNEN in ihrer gemeinsamen Arbeit immer die Förderung dieser Schülerinnen und Schüler besonders herausgestellt. Es war deswegen auch der erste Setzpunkt der GRÜNEN in der
Schulpolitik in dieser Wahlperiode mit dem Antrag „Die
besten Schulen an den Orten mit den größten Herausforderungen“, weil es uns als Koalition wichtig ist, dass wir kein
Kind zurücklassen und dass wir Bildungsgerechtigkeit für
alle Schülerinnen und Schüler herstellen.
Weil die Verbesserung der Chancengerechtigkeit die zentrale Triebfeder bei unserer Schulpolitik ist, ist sie auch die
zentrale Triebfeder bei der Umsetzung von Digitalisierung
in der Schule. Wir wollen deswegen erreichen, dass die Digitalisierung Lehrkräfte im Unterricht entlastet, sodass sie
mehr Zeit haben für individuelle Förderung, für Diagnose
bei Schülerinnen und Schülern. Wir wollen, dass die Medien gezielt dafür ausgesucht werden, dass selbst organisiertes und selbst motiviertes Lernen der Schülerinnen und
Schüler verbessert wird, dass Schülerinnen und Schüler im
eigenen Tempo lernen können, dass mehr projektbezogen
unterrichtet werden kann. Wir wollen, dass gezielt solche
Software eingesetzt wird, die die Diagnose durch Lehrerinnen und Lehrer unterstützen kann.
Deswegen ist es so wichtig, dass wir mit den Poollösungen, die Kollege Veyhelmann schon richtig dargestellt hat,
einfachen Zugriff ermöglichen, dass wir den Lehrerinnen
und Lehrern einen einfachen Zugriff auf die richtigen Medien für das jeweilige Fach ermöglichen.
Von daher kann ich nicht erkennen, werte Kollegin Geis,
dass Sie von uns enttäuscht worden wären, dass zu wenige
Taten auf den Weg gebracht worden wären. All das, was
Kollege Veyhelmann Ihnen zum Edupool und zum Schulportal gesagt hat – hier übrigens der Hinweis, dass das,
was die Kollegin Kula vorgetragen hat, nicht mehr der letzte Stand ist –, all das ist doch da. Sie können es sich anschauen. Diese Pools sind vorhanden.
Das Schulportal ist vorhanden. Die Unterstützung für die Lehrerinnen und
Lehrer ist vorhanden, und man kann darauf zugreifen.
Ich lade Sie herzlich ein – Sie brauchen dafür noch nicht
einmal einen Benutzer-Account –, sich das einmal anzuschauen. Dort ist schon viel auf den Weg gebracht worden.
Aber wir wissen auch, dass wir das noch weiter ausbauen
wollen, dass wir dort noch besser werden können. Diesen
Anspruch formulieren wir auch mit der heutigen Initiative.
Es ist doch vollkommen klar: Die beste technische Ausstattung kann nur dann erfolgreich eingesetzt werden,
wenn sie von den Lehrerinnen und Lehrern angenommen
wird. Hier eine kleine Erinnerung: Wir haben uns schon
vor Beginn der Pandemie auf das Thema Fortbildung konzentriert. Wir haben im Haushalt 2020, genau zum Jahreswechsel von 2019 auf 2020, die Mittel für den Bereich
Fortbildung verdoppelt, also noch vor der Pandemie. Werte
Kollegin Geis, ich möchte Sie darauf hinweisen – Sie wren vielleicht gestern bei der Fragestunde nicht mit dabei –:
Der Kollege Degen hat in seiner Zusatzfrage in höchsten
Tönen gelobt, dass dieses Fortbildungsangebot – –
(Christoph Degen (SPD): Das war etwas anders!)
– Doch. Lieber Christoph, ich habe es mir heute Morgen
noch einmal angehört, was du da gesagt hast: „umfangreich“.
Diese Verdoppelung der Mittel, diese über 2.000 Fortbildungsangebote im Jahr, das alles zeigt doch, dass wir uns
auf den Weg gemacht haben, die Lehrerinnen und Lehrer
zu unterstützen.
Wir wissen, wir müssen die Lehrerinnen und Lehrer unterstützen. All das bringen wir damit auf den Weg. Auch dort
sind wir auf jeden Fall bereit und willig, immer besser zu
werden.
Die Digitalisierung bietet natürlich auch Möglichkeiten,
von traditionellen Unterrichtskonzepten abzuweichen.
Da her war es doch folgerichtig, die Zentren für digitale Unterrichtspraxis im Bereich der selbstständigen Schulen, genauer gesagt: im Bereich der pädagogisch selbstständigen Schulen, unterzubringen. Denn wir schaffen mit diesem
Programm neue Freiheitsgrade, die schulische Praxis weiterzudenken und weiterzuentwickeln.
Ich fand im Übrigen die Aussagen der Kollegin Kula, die
sich sehr kritisch mit Selbstständigkeit von Schulen auseinandergesetzt hat, sehr entlarvend. Wir haben den Ansatz,
dass Schule dann gelingt, wenn wir von Landesseite die
unterstützenden Strukturen herstellen, indem wir Ressourcen bereitstellen, aber dass Schulentwicklung am besten
dann funktioniert, wenn zu diesen unterstützenden Faktoren von Landesseite vor allem Freiheit der Schulen für eigene Konzepte steht. Das ist für uns Schulpolitik aus einem Guss.
Wir glauben an die Eigenverantwortung, an die Kompetenz
der Lehrerinnen und Lehrer. Wir wissen, dass die Schulen
am besten wissen, wie es geht. Von daher ermöglichen wir
Freiheitsgrade für unsere Schulen.
Nicht unerwähnt bleiben darf in solch einer Debatte, dass
die neuen Medien, so viele Möglichkeiten sie schaffen,
auch Gefahren bergen. Deswegen gehört Medienbildung
untrennbar zur digitalen Bildung dazu. Denn wir haben erkannt, dass digitale Medien ein hohes Sucht- und Ablenkungspotenzial haben, dass in den sogenannten sozialen
Medien Filterblasen geschaffen sind, in denen Menschen in
Parallelrealitäten leben. Von daher ist es ganz wichtig, dass
Schule auch das adressiert, sodass junge Menschen stark
gemacht werden, einen richtigen Umgang mit den Risiken
zu erlernen, auch wenn wir ganz klar sagen müssen, dass
die Schulen mit dieser wichtigen Aufgabe nicht alleingelassen werden dürfen.
Der Einsatz digitaler Medien im Unterricht kann viel erreichen, was zur Qualitätsentwicklung an unseren Schulen
führen kann. Insbesondere zur Individualisierung und zur
Eigenverantwortung der Schülerinnen und Schüler kann
dies helfen. Unser zentrales Ziel ist, dass die Digitalisierung dabei hilft, mehr Bildungsgerechtigkeit in unserem
Land herzustellen. Dazu haben wir heute Konzepte auf den
Weg gebracht, und die werden wir konsequent weiterverfolgen!